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Digitalisierung und Arbeiten 4.0

Digital Transformation als Treiber der Veränderung der Arbeit
Digitalisierung und Arbeiten 4.0

Digitalisierung und Arbeiten 4.0
Bild: peshkova-Fotolia.com
Digitale Revolution oder Evolution, keiner weiß mit Bestimmtheit, wie der Wandel vonstatten gehen wird. Sicher ist nur, dass er stattfindet. Drei wesentliche Elemente sind es, die unsere Arbeit total verändern werden: wir Menschen selbst mit unseren Bedürfnissen und Bedarfen, neue – teilweise disruptive – Geschäftsmodelle und die Technologie – allen voran die Digitaltechnologie.

Aufseiten der Menschen sind mit Blick auf die Zukunft vor allem die Anforderungen der jungen Menschen, der Generation Y und Z, zu sehen, die mit hoher IT-Affinität digital sozialisiert sowie always-online sind und mit Digitaltechnik geradezu emphatisch umgehen. Eine große Affinität in der Nutzung von Apps aus dem Internet und Plattformen, von Chatrooms, WhatsApp, Twitter und Co. Auf der anderen Seite stehen die Anforderungen von älteren Menschen, die diesen Zugang so nicht haben, eventuell in Zukunft länger arbeiten wollen oder müssen. Auch sie müssen in die zukünftige Welt der Arbeit mitgenommen werden, denn niemanden mit wertvoller Qualifikation dürfen wir verlieren.

Wie oben erwähnt, sind auch wesentliche Veränderungen in den Geschäftsmodellen und Wertschöpfungssystemen zu erwarten. Dies ist der zweite Treiber der Veränderung von Arbeit, was mitunter zu disruptiven Transformationen des Geschäfts, mit vielen Chancen und zugleich auch großen Risiken führt. Plattformstrategien scheinen besondere Bedeutung zu erlangen. Smarte Produkt-Service-Lösungen sind immer mehr gefragt, im Bereich Mobilität mit Smart Mobility oder Sharing-Angeboten, in der Energieversorgung mit Smart-Grid- oder Smart-Metering-Lösungen, in der Fabrik mit autonomer Logistik. Mass Customization mit Blick auf Stückzahl eins, On-demand-Produktion oder Self-Servicing sind aktuelle Stichworte in dieser Diskussion. John Naisbitt – amerikanischer Zukunftsforscher – spricht von der Sharing Economy als dem Ende der Marktwirtschaft, sicherlich eine gewagte – aber bedenkenswerte These. Grundlage dafür und dritter Treiber sind technische Innovationen im Bereich der digitalen Vernetzung, der Verfügbarkeit von immer preiswerterer Sensorik und vor allem in immer leistungsfähigeren Algorithmen und einer umfassenden Datenkontrolle. Big Data, Data Analytics und Cloud Computing sind die aktuellen Stichworte dazu. Die intelligente Interpretation und schnelle Nutzung von Daten lassen Maschinen immer natürlicher agieren und interagieren, kognitive und autonome Systeme werden kommen: autonome Fahrzeuge sind ja gerade zurecht in aller Munde. Solche „intelligenten“ Systeme werden wir in der Wissensarbeit erleben als Expertensysteme, in der Dienstleistung als Smart-Service-Systeme und in der Fabrik und Logistik zum Beispiel als Montageroboter und Logistiksysteme. Das Besondere daran ist, dass diese neue autonome Technik fast wie Menschen agieren und interagieren können wird. Wir werden ganz neue Formen der Maschine-Maschine- und der Mensch-Maschine-Kooperation erleben. Die Wertschöpfung wird in einer neuen Arbeitsteiligkeit erbracht werden können. Die aktuell viel diskutierte Mensch-Roboter-Kooperation ist eine Ausprägung dieser Entwicklung.

Arbeitsinhalte und Tätigkeiten 4.0

Die Arbeit der Zukunft wird eine andere sein als das, was wir bisher dazu kennen. Mit den Veränderungen in den Geschäftsmodellen und Wertschöpfungssystemen in Verbindung mit immer verfügbarer IT-Power werden die Inhalte und Aufgaben der Beschäftigten in Summe immer anspruchsvoller. Es wird zu einer Polarisierung der Beschäftigung kommen. Einfachste Tätigkeiten, deren Rationalisierung sich betriebswirtschaftlich nicht rechnen lässt, wird es auch in Zukunft geben. Vor allem durch Algorithmen ersetzt werden die gut strukturierten und formalisierten Tätigkeiten, also das, was wir heute immer noch so gerne die Sachbearbeitung oder Facharbeit nennen. Benötigen werden wir dagegen Menschen mit hoher Qualifikation, mit Fähigkeiten zum schöpferischen und kreativen Denken, mit Systemlösungsfähigkeiten, mit sozialer Kompetenz für Planungsaufgaben, für Koordinationsaufgaben, für Dispositionsaufgaben. Und Menschen mit Digitalfähigkeiten. Mechatronik, Software, Daten, Mathematik, das sind wichtige Kompetenzen für die Zukunft. Vonnöten ist also die Qualifizierung auf allen Ebenen.

Arbeitsorganisation und Führung 4.0

Ein wesentlicher Grund für neue Arbeitsorganisationsformen ergibt sich vor allem aus dem Innovationsgeschehen in den Unternehmen. Immer mehr Unternehmen holen sich neue Ideen und Impulse für Produkte und Services von außen dazu. Die Zusammenarbeit mit Start-ups, die temporäre Kooperation mit Selbstständigen, mit Studierenden, Hochschulen und Forschungseinrichtungen (zum Beispiel in On-Campus-Kooperationen) oder auch die Nutzung von Crowd-Work-Plattformen werden erheblich zunehmen. Der gerade um sich greifende Begriff „Co-Working“ versinnbildlicht das Phänomen der Agilen Organisation – man könnte auch der „Schwarm-Organisation“ sagen – sehr treffend, wie ich meine. Und hier kommt jetzt auch der Begriff der Flexibilität ins Spiel. Diese betrifft Arbeitszeiten und Arbeitsorte ebenso wie Entlohnungsformen und die Verbreitung „bislang noch atypisch genannter“ Beschäftigungsformen. Es gibt zwei wesentliche Gründe für diese Flexibilitätsthematik: zum einen sind es die Anforderungen aus dem zunehmend globalisierten und digitalisierten und damit auch volatileren Nachfrage- und Wirtschaftsgeschehen, zum anderen sind es die Bedürfnisse und Bedarfe der Beschäftigten. Der Wunsch, mobil und von zu Hause arbeiten sowie Arbeitszeiten und Arbeitsorte weitgehend selbstbestimmt festlegen zu können, ist weit verbreitet. Gründe liegen z. B im Wunsch einer guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Kümmern um Haustiere und ältere Angehörige. Viele Unternehmen haben Betriebsvereinbarungen geschlossen über die Vertrauensarbeitszeit und jetzt zunehmend auch über den Vertrauensarbeitsort. Die Unternehmen müssen größere Arbeitszeitkorridore einrichten in Verbindung mit Monats-, Jahres- und Lebensarbeitszeitkonten. Alle Studien sagen voraus, dass die Unternehmen einen größeren Flexibilitätskorridor brauchen werden und der Selbstorganisation von Beschäftigten und Management mehr zugetraut werden müsste. Ganz moderne Organisationen schaffen mit neuen Führungsmodellen, Management-by-Empowerment oder sogenannten mitarbeiterzentrierten Unternehmenskulturen eine gute Harmonie für einen Einklang der Interessen von Unternehmen und Beschäftigten. Wir brauchen hier eine Innovationsoffensive, Experimente, Living Labs. In der Theorie ist Organisationsgestaltung nicht zu machen, dafür brauchen wir reale Umsetzungen, Betriebsprojekte, Transformations- und Change-Beratung.

Mensch-Maschine-Interaktion 4.0

„Der Mensch rückt in den Mittelpunkt der Mensch-Maschine-Interaktion (MMI). Anstatt starre Vorgaben zu machen, passen sich lernfähige Maschinen zunehmend an die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Menschen an. Die Interaktion mit Maschinen nähert sich derjenigen mit Menschen immer stärker an. Der Abstand zwischen Mensch und Maschine verringert sich, teilweise löst er sich ganz auf.“ (Zitat aus dem acatech-Dossier „Innovationspotenziale der Mensch-Maschine-Interaktion“) Was wie ein Zukunftsszenario klingt, ist in manchen Bereichen schon Realität. Hörimplantate, am Körper getragene Sensoren und kollaborative Roboter stehen beispielhaft für eine Entwicklung, die erst am Anfang steht und in den kommenden Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen wird.

Nach dem Siegeszug der Smartphones und Tablets wird sich das Prinzip der App, komplexe Anwendungen intuitiv zu bedienen, immer weiter durchsetzen – ob im Krankenhaus, beim Autofahren oder in der Produktion. Diese Systeme können sich durch ihre Interaktion mit ihrer Umwelt und den Nutzern weiterentwickeln, indem sie beispielsweise selbstständig Bilder, Sprache oder Sensordaten verarbeiten, mit vorhandenem Wissen verknüpfen und daraus lernen (sogenanntetes „Maschinelles Lernen“).

Eine positive Entwicklung der Mensch-Maschine-Interaktion ist kein Selbstläufer, sondern eine gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe. Auch wenn viele Produkte aktuell eine große Nachfrage hervorrufen, gibt es auch Vorbehalte und Ängste gegenüber bestimmten MMI-Technologien. Die Akzeptanz dieser Anwendungen kann nicht von außen erzeugt werden, sondern muss sich allmählich einstellen. Dafür ist ein positives oder gar begeisterndes Nutzungserlebnis von großer Bedeutung. Besonders die Einbeziehung von Nutzern in Design und Entwicklung entsprechender Produkte trägt dazu bei, diese Anwendungen menschengerecht zu gestalten und deren Verbreitung zu unterstützen. Es ist also dem Ansatz einer integrierten Forschung zu folgen, die ethische, soziale und rechtliche Aspekte gleichrangig zu wissenschaftlich-technischen und ökonomischen Fragen in den Blick nimmt. Neben Rechts- und Haftungsfragen werden durch MMI-Technologien auch Themen der Datensicherheit und des Datenschutzes relevant, da diese Technologien oft auf der Sammlung und Vernetzung von personenbezogenen Daten beruhen. Zwar sind auf dieser Grundlage viele nutzenstiftende Angebote und innovative Geschäftsmodelle möglich. Deren Erfolg setzt jedoch eine gesellschaftliche Übereinkunft über die Grenzen der Erhebung, Weitergabe und Verwendung dieser Daten voraus. In der Arbeitswelt gehen mit den hier beschriebenen Technologien große Hoffnungen auf eine bessere Ergonomie am Arbeitsplatz und eine gesteigerte Produktivität einher, aber auch Befürchtungen eines Kontrollverlusts über Arbeitsabläufe und Ängste vor Arbeitsplatzverlusten.

www.prozesstechnik-online.de

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Digitale Transformation als Treiber der Veränderung der Arbeit
Bild: Fraunhofer-Institut IAO

Kurz und Bündig:   Arbeit der Zukunft

Wie sieht die Arbeitswelt in 20 Jahren aus? Anders – davon sind jedenfalls Arbeitsmarktforscher überzeugt. Hochstandardisierte Aufgaben und Tätigkeiten werden zunehmend durch Algorithmen und kognitive Systeme ersetzt. Bei der Facharbeit und in der Sachbearbeitung entsteht ein erhebliches Rationalisierungspotenzial. Der Bedarf an hochqualifiziertem Personal wird stark zunehmen, vor allem Digital- und Datenkompetenzen werden gefragt sein. Staat und Unternehmen müssen die Aus- und Weiterbildung neu gestalten. Qualifikation für Komplexitätsbeherrschung wird zu einem zentralen Jobsicherungsfaktor, Fähigkeiten für digitalisierte und komplexe Systemlösungen und Geschäftsmodelle werden verstärkt gefragt sein. Die Art der Interaktion zwischen Mensch und Maschine wird immer smarter. Die Arbeit mit und Nutzung von mobilen Devices und von Augmented Reality wird in vielen Berufen und Branchen zunehmend Einzug halten. Die Ambidextrie in der Arbeitswelt nimmt zu und Projektstrukturen werden immer größeren Raum in unserer Arbeit einnehmen. Flexiblere Arbeitszeit- und Jobsharing-Modelle führen zu einer besseren Kapazitätsanpassung im Betrieb und Vereinbarkeit von Beruf und Privatem. Digitale Planungssysteme werden zu smarten Steuerungssystemen in der Produktiion. In einer immer digitaleren und agileren Arbeitswelt sind die Anforderungen an Führung enorm, Leadership und Coaching sind gefragt. Neben der fachlichen Qualifikation sind zukünftig vor allem auch Kommunikations-, Medien- und Methodenkompetenzen erforderlich.

Zentrale Strategiefelder für Arbeiten 4.0 im Kontext von Digitalisierung und Globalisierung
Bild: Fraunhofer-Institut IAO

Autor Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer

Institutsleiter,

Fraunhofer IAO

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